Theodor Fontanes Werk erwachte im Baumhaus wieder zum Leben

16. März 2019



"Was soll der Unsinn"

Dorsten
Anlässlich des 200. Geburtstages von Theodor Fontane erinnerte das Baumhaus-Team unter Leitung von Bertold Hanck an den großen deutschen Vertreter des literarischen Realismus.

Fontaneabend

Es hätte dem Geehrten sicherlich gefallen, dass der "erhobene Zeigefinger", das Lehrerhafte, ganz und gar außen vor blieb, denn Fontane war, wie man uns glaubhaft versicherte, ein Verfechter des "Nebenbei-Lernens" und der unverkrampften Erziehung.
Die Chronisten führten durch das Leben Fontanes
Unterstützt von Bildern führten die Chronisten Anke Klapsing-Reich und Klaus-Dieter Krause chronologisch durch das Leben Fontanes und ließen dabei immer wieder Raum für den Vortrag von Gedichten und Balladen und für szenische Darstellungen aus seinen Romanen.
Sie beleuchteten die Stationen seines Lebens, seine vielseitigen Talente und Interessen und seine unterschiedlichen Berufe, die ihn bis nach England und Schottland führten. Die Tatsache, dass Fontane als Journalist in England meinte, wegen der großen Entfernung zu Preußen nicht immer ganz bei der Wahrheit bleiben zu müssen, legt den Verdacht nahe, dass "Fake News" keine Erfindung der heutigen Zeit sind.
Seine politische Grundhaltung verändert
Getreu seinem Motto "Wer mit 20 kein Revolutionär ist, hat kein Herz. Wer mit 40 immer noch Revolutionär ist, hat kein Hirn" veränderte er seine politische Grundhaltung während seines Lebens mehrfach.
In seinen Romanen aber prangerte er immer wieder und konsequent die Unsinnigkeit der gesellschaftlichen Zwänge und die verlogene Moral der bürgerlichen Gesellschaft an.
Die szenischen Lesungen, die Vorträge der Gedichte und Balladen und die dargebotenen Spielszenen sorgten für Abwechslung und erhöhten die Aufmerksamkeit der Zuschauer. Vor allem die Ballade "John Maynard", im Rap-Stil vorgetragen von Jochen Rudolph, beeindruckte das Publikum und ermöglichte aufgrund der Verfremdung einen neuen Blick auf dieses Gedicht.

Fontaneabend

Dramaturgisch gut fügten sich die Szenen aus "Effi Briest" und dem "Stechlin" ein. Greta Hanck spielte die verschüchterte und vom Vater offensichtlich indoktrinierte Anni auf anrührende Weise.
Und sogar die Hexen aus Shakespeares Macbeth durften auf die Bühne als Mahnerinnen gegen eine übergoße Technikgläubigkeit. Anlass für die Ballade "Die Brück' am Tay" war der Einsturz der fast neuen Brücke über den Firth of Tay mit vielen Toten im Jahre 1879.
Die Veranstaltung hat Lust gemacht, wieder einmal einen Fontane aus dem Regal zu holen. Gibt es ein größeres Lob?!

Fontaneabend

Text: Marita Kipinski
Fotos: Marita Kipinski und Anke Klapsing-Reich

Dorstener Zeitung vom 18. März 2019